„Научная экскурсия преподавателей и студентов Регенсбургского университета была первой подобного рода в истории Музея Марка Шагала. До этого времени студенты и преподаватели из стран Европы, Азии и Америки посещали музей с научными целями лишь по отдельности.
Как мне кажется, встречи подобного рода имеют большое значение для обеих сторон. С одной стороны, экскурсанты непосредственно на месте могут ознакомиться с теми историческими местами и событиями, которые они изучали заочно в течение определенного периода времени, и получают возможность составить обо всем свое собственное впечатление.
С другой стороны, музею предоставляется возможность посредством эскурский, бесед и лекций представить хорошо подготовленной аудитории те научные наработки, которые были сделаны сотрудниками музея за последние годы и пока малоизвестны западной аудитории.
Общение подобного рода всегда приносит взаимную пользу и способствует расширению горизонтов сотрудничества в научной сфере.“
Людмила Хмельницкая,
директор Музея Марка Шагала в Витебске.
„Die Fachexpedition von Dozenten und Studierenden der Universität Regensburg war die erste dieser Art in der Geschichte des Marc-Chagall-Museums. Bis dahin besuchten lediglich einzelne Studierende oder Dozenten aus Europa, Asien oder Amerika mit wissenschaftlichen Zielsetzungen das Museum.
Mir scheint, dass Begegnungen in dieser Form für beide Seiten von großer Bedeutung sind. Erstens kommen die Exkursionsteilnehmer unmittelbar vor Ort mit den historischen Örtlichkeiten und Begebenheiten in Berührung, mit deren Geschichte in einem bestimmten Zeitrahmen sie sich beschäftigt haben, und haben die Gelegenheit, sich einen eigenen Eindruck zu verschaffen. Andererseits bietet sich dem Museum die Möglichkeit, durch Exkursionen, Gespräche und Referate einem gut vorbereiteten Auditorium die wissenschaftlichen Erkenntnisse vorzustellen, die von den Mitarbeitern des Museums in den letzten Jahren erarbeitet wurden und dem westlichen Publikum kaum bekannt sind.
Ein Austausch dieser Art zieht immer für beide Seiten einen Nutzen nach sich und trägt dazu bei, die Horizonte wissenschaftlicher Zusammenarbeit zu erweitern.“
Ljudmila Chmel’nickaja,
Direktorin des Marc-Chagall-Museums in Vitebsk
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„Aufgrund der schweren Zerstörungen im zweiten Weltkrieg und danach durch die Sowjetarmee war ich anfangs skeptisch, ob eine Exkursion nach Weißrussland aus kunsthistorischer Sicht überhaupt sinnvoll sein würde. Vor Ort wurde ich eines besseren belehrt: Vitebsk und Minsk haben durch die Schätze ihrer Museen und den konsequenten Wiederaufbau so viel von ihrer Identität bewahren können, dass unsere engagierte Regensburger Gruppe exemplarische Einblicke in die weißrussische Kultur gewinnen konnte. Dazu haben die Kommentare und Führungen durch weißrussische Kollegen sehr viel beigetragen. In meinen nahezu 2000 Fotos drückt sich der Wunsch aus, möglichst viel vom Gesehenen "mitnehmen" zu können - von der Ikone bis zum stalinistischen Klassizismus. Der interdisziplinäre Ansatz zwischen Literatur-, Kultur- und Kunstwissenschaft wird der russischen Malerei in besonderer Weise gerecht. Er findet in Regensburger Forschungen seinen Niederschlag, von der Magisterarbeit bis zur Habilitation über Marc Chagall.“
Prof. Dr. Hans-Christoph Dittscheid, seit 1990 Professor für Kunstgeschichte an der Universität Regensburg
Manche Eindrücke während unserer Exkursion nach Vitebsk und Minsk und die Schlüsse, die daraus zu ziehen sind, waren bedrückend. Doch gerade sie tragen mit dazu bei, dass das ‚Lehrstück‘ für diejenigen, die sich voll darauf eingelassen haben, so nachhaltige Spuren in uns hinterlassen hat.
Der Ausgangspunkt unserer Spurensuche nach Chagall und Malevič in der einstigen Kunst-Metropole Vitebsk war ein interdisziplinäres Seminar. Es führte uns ins Herz ihrer Vermittlung, ins Marc-Chagall-Museum nach Vitebsk und zu Ludmila Chmel’nickaja, der Museumsleiterin. Während und nach der Exkursion entstanden Hausarbeiten, Abschlussarbeiten, Reise-tagebücher, Essays, unzählige Fotos, Zeichnungen. Auf uns wartet noch eine Publikation und eine Ausstellung, mit der wir unsere Eindrücke der Öffentlichkeit vermitteln wollen. Chagalls Vitebsk ist es das wert. Das heutige Vitebsk auch. Vitebsk und Minsk im Spiegel der Zeit zeigen deutlich: Weißrussland hat eine schwierige Identitätssuche hinter und vor sich.
Für mich als Co-Leiterin geht es darüber hinaus noch um die (forschungsorientierte) Lehre: Welche Lehre habe ich aus unserem ‚interdisziplinären Abenteuer‘ für die Lehre zu ziehen? Auch wenn wir nicht alle im gleichen Maße für unser Abenteuer gewinnen konnten: Mit unserem ‚Drei-Phasen-Modell‘ (Seminar – Exkursion – Ausstellung) und unserer Lehr-Trias haben wir gängige Formen der Hochschullehre hinter uns gelassen. Die Begegnung mit den Lehrinhalten war von großer Intensität, die Durchdringung von Lehre, Lernen und Leben gerade dank der Exkursion groß. Hier entstanden Freiräume des Dialogs, des Austauschs und der Kreativität, die einen Zugewinn nicht nur an Wissen, sondern – Auge in Auge mit der kollektiven Unterdrückung in Belarus – auch an individueller Entfaltung ermöglicht haben. Erlerntes Wissen wurde ergänzt um erlebtes Wissen. In einer Zeit, in der wir durch die Überflutung und Anonymisierung von Informationen vom echten Begreifen mehr und mehr weggedrängt werden, scheint mir diese synthetisierende Form des Lernens und Lehrens von unschätzbarem Wert zu sein.
PD Dr. Sabine Koller, Dilthey-Fellow der VolkswagenStiftung am Institut für Slavistik der Universität Regensburg
und Mitglied der Jungen Akademie (Sprecherin der AG Lehre)
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„Belarus / Weißrussland ist ein allzu ordentliches Land. Konflikte bleiben unter der Decke. Man ahnt sie aber.“
Prof. Dr. Walter Koschmal, lehrt seit 1994 als Professor für Slavistik (Literatur- und Kulturwissenschaft) an der Universität Regensburg, Leiter des „Europaeum“ (Ost-West-Zentrums der Universität Regensburg)
„Es klingt mir noch in den Ohren, es liest sich vor meinem inneren Auge Наша любімая маці-Радзіма, Вечна жыві і квітней, Беларусь! (Unsere liebe Mutter Heimat, Ewig lebe und blühe Belarus’!) Blühe Weissrussland, blühe! An jedem markanten Punkt in der Stadt – ganz gleich ob in Vitebsk, der (noch) authentisch wirkenden Kleinstadt an der Dvina mit seiner Vergangenheit als künstlerisches Zentrum, oder in Minsk, der affektiert aufgeblähten grande dame, die im Zweiten Weltkrieg zu über 90 Prozent zerbombt wurde und deren monumentale Bauten heute in der unnatürlichen Abendbeleuchtung vor Künstlichkeit nur so strotzen – sehe ich in die Erde mit Blumen eingepflanzt, eingedrückt den bedeutungsschwangeren Satz aus der Nationalhymne Kвітней Беларусь! Blühe Weissrussland! Blühe … Auch um Mitternacht wiegt das Fernsehprogramm die Bevölkerung feierlich in den Schlaf mit der Nationalhymne. Sportler, Militärs, Politiker – Sieger eben – wandeln zur Musik durchs Bild und ich reibe mir die aus westeuropäischer Perspektive verwunderten Augen. In welchem Jahr empfängt mich dieses Land?
Ich bin hierhergekommen, um den russischen (Lebens-) Raum eines Marc Chagall, eines Kasimir Malevič zu suchen. Ich bin hierhergekommen, um eine vergangene jüdische Zeit zu suchen. Ich bin hierhergekommen, um zu sehen, was Raum und Zeit aus euch gemacht haben.
Gefunden habe ich die künstlerische Übersetzung von historischen Fakten in Chagalls Bildern – dies fängt beim nach oben spitz zulaufenden Zaun, den einstöckigen Holzhäusern im ehemaligen Wohnviertel Chagalls in Vitebsk an und hört bei den eindrücklich gezeichneten, über die Häuser gehenden Juden, die nun Symbol für die untergegangene jüdische Welt sind, auf. Gefunden habe ich Jehuda Pen, den Lehrer Marc Chagalls. Versteckt hing ein Kunstwerk von ihm in einer Ecke des Museums für weissrussische Volkskunst. Vereinsamt und unentdeckt liegen wohl einige Werke von Pen in den Kellern der Museen. Gefunden habe ich den jüdischen Maler Chaim Soutine, der mit Chagall das Schicksal teilt, eher als französischer denn als russischer Künstler der Allgemeinheit bekannt zu sein. Gefunden habe ich einen gefüllten Kunst-Raum mit Unentdecktem, Schlummerndem - vielleicht werden wir auch die Zeit dafür finden? Nur in diesem Sinne wünsche ich mir – Kвітней Беларусь! Blühe Weissrussland! Blühe …“
Diane Mehlich M.A. Wissenschaftliche Mitarbeiterin Elitestudiengang Osteuropastudien
Promotion im Fach Slavistik bei Prof. Dr. Walter Koschmal und PD Dr. Sabine Koller zum Thema: „Russisch-jüdische Theatersymbiose: Aleksej Michajlovič Granovskij“
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„Menschen in Europa sind durch ihren Alltag von der kulturellen Schönheit der eigenen und benachbarten Länder abgelenkt. Dies wird durch die Tatsache verstärkt, dass internationale Beziehungen zum größten Teil wirtschaftlicher Natur sind. Umso wichtiger ist es, jede Begegnung mit anderen Ländern auf kultureller Basis zu schaffen. Somit ist hochzuschätzen, dass Regensburger StudentInnen den Schritt wagen, sich trotz des alltäglichen Chaos, der Vorurteile und Berührungsängste gegenüber einem fremden Land über die weißrussische Grenze begeben, um Marc Chagall, sein Leben und Kunstwerk im ostjüdisch-slavischen Kontext besser zu verstehen. Denn trotz seiner Weltberühmtheit kennt kaum jemand die wichtigen künstlerischen und kulturpolitischen Aktivitäten (und Probleme!) Marc Chagalls in Vitebsk während der Jahre 1917-1920.“
Witalij Schmidt
Studienkoordinator am Institut für Slavistik
Promotion zum Thema „Zur Ästhetik des klingenden Wortes.
Theorie und Praxis der Deklamation in Russland.“ bei Prof. Dr. Walter Koschmal
„Meine Unwissenheit bezüglich Belarus hat mich während und nach der Exkursion sehr beschäftigt. Wie kommt es dazu, dass in Deutschland kaum jemand etwas über dieses facettenreiche Land weiß und es leichtfertig mit Russland gleichsetzt? Was für ein Land verbirgt sich hinter der Diktatur Lukaschenkos? Gerade hier ist es wichtig, an Künstler wie Chagall oder Malewitsch, die im heute weißrussischen Vitebsk wirkten, zu erinnern und persönliche Erfahrungen während der Exkursion in Belarus gemacht zu haben.“
Barbara Standke
„Die Exkursion nach Weißrussland (Belarus´) im Rahmen des Seminars „Vitebsk: Avantgarde-Kulturen (Literatur, Malerei)“ hat mich fasziniert durch die vielfältigen Eindrücke, die wir bekommen haben und die unser Wissen aus dem Seminar vervollständigt haben. Die Stadt Vitebsk bleibt immer noch ein Kulturzentrum, obwohl heutzutage die Hauptstadt Minsk mit ihrer Größe an Popularität gewinnt. Vitebsk zieht mit seinen malerischen Hügeln, dem Blau der Flüsse Vit´ba und Dvina und seiner langjährigen Entstehungsgeschichte Künstler, Autoren und Gelehrte an. Die Bestätigung dazu war im National- und Chagall-Museum mit den zwar kleinen, aber bedeutenden Bildersammlungen zu sehen und zu erleben. Die Spuren der Geschichte des 20.Jahrhunderts spiegeln sich im Leben der Stadt auf ambivalente Weise: positiv mit der Gründung des Chagall-Museums 1997, negativ mit der Zerrüttung der Künstlerischen Volkslehranstalt Anfang der 1920er Jahre. Im Ganzen hat die Exkursion zu meiner interdisziplinären Bereicherung beigetragen.“
Tetyana Yakovleva, geb. in der Ukraine, Studium der Klassischen Philologie, Slavistik, Medienwissenschaft (B.A.) und der Allgemeinen und Vergleichenden Literaturwissenschaft (M.A.), arbeitet derzeit an ihrer Masterarbeit zum Doppelungsmotiv in Robert Menasses Roman "Die Vertreibung aus der Hölle".
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